Handlungsräume trotz der Pandemie ermöglichen

Christian Lindner

Die staatliche Gemeinschaft trägt in diesen Zeiten eine besondere Verantwortung für die Freiheit und Gesundheit in unserem Land. Auf der einen Seite muss ein zweiter Lockdown verhindert werden. Er wäre ein nicht verantwortbarer Eingriff mit unabsehbaren sozialen und wirtschaftlichen Folgen. Auf der anderen Seite muss aber auch ein effektiver Gesundheitsschutz sichergestellt werden.

Die am 29. September von Bund und Ländern beschlossenen Maßnahmen müssen daher an zweierlei Maßstäben gemessen werden: Welchen Beitrag leisten sie zur Eindämmung der Pandemie? Schonen sie die Freiheit der Menschen?

Vor diesem Hintergrund begrüße ich es sehr, dass die Landesregierungen weiter auf einen regional differenzierten Ansatz vertrauen. Der Umfang der geltenden Hygieneanordnungen muss schließlich dem örtlichen Infektionsgeschehen entsprechen. Lokale Ansteckungswellen dürfen nicht das ganze Land stilllegen.

Die getroffenen Maßnahmen sind besser als das, was die Bundesregierung ursprünglich vorgeschlagen hat. Noch wenige Stunden zuvor war die Rede davon, dass es auch im privaten Umfeld massive Einschränkungen von Zusammenkünften geben könnte. Für mich als Freier Demokrat gilt aber: Die Wohnung ist unverletzlich. Ich kann mir nicht vorstellen, wie die Polizei oder das Ordnungsamt an die Tür klopft und nachfragt wie viele Personen sich in einer Wohnung aufhalten. Dass es jetzt bei zunehmendem Infektionsgeschehen eine reine Empfehlung gibt, im privaten Rahmen auf größere Zusammenkünfte zu verzichten, ist der richtige Weg. Statt in die Wohnungen mündiger Menschen hineinzuregieren, wird so auf ihre Eigenverantwortung vertraut.

Für eine intelligentere Krisenstrategie sehe ich jedoch drei offene Punkte:

Erstens wäre es empfehlenswert gewesen, nicht nur auf die Zahlen der Neuerkrankungen zu schauen. Auch andere Parameter sind für eine angemessene Lagebewertung entscheidend. Dazu gehört etwa Auslastung der örtlichen Krankenhäuser, die demographische Situation einer Gemeinde oder die Kapazität des öffentlichen Gesundheitsdienstes zur Verfolgung von Infektionsketten.
Zweitens brauchen wir ein Ampelsystem auf der Gemeindeebene. Dieses sollte nicht nur Rot und Grün, sondern auch Gelb als Warnstufe kennen. Die Erlassung von lokalen Maßnahmen wird dadurch transparenter und vor allem differenzierter.
Und drittens brauchen wir Schnelltests, gerade bei besonders betroffenen und gefährdeten Gruppen.

All diese Ideen werden der Verantwortung für mehr Freiheit bei besserem Gesundheitsschutz gerecht. Sie eröffnen Handlungsräume trotz der Pandemie. Darum muss es uns gehen.