Meine Heimat ist das Bergische Land. Geboren wurde ich am 7. Januar 1979 in Wuppertal, wo meine Großeltern eine Bäckerei hatten. Wuppertaler war ich aber nie, auch wenn ich heute gelegentlich so begrüßt werde. Aufgewachsen bin ich in Wermelskirchen – einer Kleinstadt im Grünen nordöstlich von Köln. Wie man sieht: Ich war schon früh ein Anhänger von Technologie und Fortschritt.

Mein erstes gewähltes Amt war: Schülersprecher des Städtischen Gymnasiums Wermelskirchen. Überhaupt habe ich mich sehr für politische Themen und Philosophie interessiert – und leidenschaftlich gerne diskutiert. Nicht immer zur Freude aller Lehrer.

Irgendwann wollte ich meinem politischen Interesse auch Engagement folgen lassen. Ich habe daraufhin Parteiprogramme gelesen, mir die Parteien vor Ort angesehen und mein Lebensgefühl bei den Freien Demokraten wiedergefunden. Im FDP-Ortsverband Wermelskirchen galt der Satz, dass man auf der Suche nach einer helfenden Hand am Ende des eigenen Arms beginnen solle. Hier fühlte ich mich mit meinem Wunsch, Gestalter meines Lebens zu sein, zu Hause. Statt theoretischer Debatten wurde praktische Politik gemacht - und manchmal auch Sport, wie man hier sieht.

Möglichst früh wollte ich auf eigenen Beinen stehen – mit eigenem Auto und eigener Wohnung. Sobald es ging habe ich ein Gewerbe angemeldet, um mir meine Träume selbst zu finanzieren. Daraus wurde rasch eine kleine Werbeagentur, die vor allem regionale Telefongesellschaften an den Markt begleitet hat. Ich bin bis heute stolz darauf, mir schon früh Unabhängigkeit erarbeitet zu haben.

Natürlich war Politik zuerst nur ein Hobby. Aber ein besonderes. Mir schien damals, die FDP in NRW müsste sich mehr für die Anliegen junger Menschen öffnen. Auf einem Landesparteitag 1998 habe ich das in der Aussprache so gesagt. Und danach auch spontan für den Landesvorstand kandidiert. Ich wurde gewählt – für mich überraschend. Zwei Jahre später wurde ich in den Landtag von Nordrhein-Westfalen gewählt. Ich hatte nicht damit gerechnet. Ich ging mit 10.000 Bananen auf Stimmenfang: Mein Wahlkreis im Rheinisch-Bergischen Kreis wurde wegen seiner geografischen Form »Banane« genannt

Mitte 2000 gründete ich gemeinsam mit zwei Freunden mein zweites Unternehmen. Als vierten Partner konnten wir einen privaten Risikokapital-Investor gewinnen. Doch es kam alles anders, als wir es geplant hatten: Die damalige Börsenblase platzte, noch bevor wir überhaupt richtig begonnen hatten. Ende 2001 meldete unser Unternehmen Insolvenz an. Ich war zwar am Ende nicht mehr in der Geschäftsführung, aber natürlich trotzdem desillusioniert. Gegner werfen mir das bis heute vor. Diese Häme begleitet auch viele andere Menschen, die etwas wagen und einmal scheitern. Für mich ist das ein großes Thema: Menschen Mut zu machen, Risiken einzugehen und beim Scheitern neue Chancen zu geben.

Nach dem Abitur habe ich als Hausmeister in einer Bildungsstätte Zivildienst geleistet. Obwohl ich eigentlich zur Bundeswehr wollte, hätte ich anders mein Unternehmen nicht fortführen können. In diese Abwägungen wurde man damals gezwungen – heute gibt es eine Freiwilligenarmee. Ich selbst habe mich später dann für die Reserve der Bundeswehr beworben. Heute bin ich Major der Reserve der Luftwaffe.

In Bonn habe ich von 1999 bis 2006 parallel zu Beruf und politischer Tätigkeit Politikwissenschaft, Staatsrecht und Philosophie studiert. Zeitweilig war das eine besondere Anstrengung. Zwar habe ich deshalb nicht viel von Bonn und dem Studentenleben mitnehmen können, aber dafür umso mehr von meinen akademischen Lehrern Frank Decker und Udo di Fabio.

Als Noch-Student wollte ich dann aber natürlich voll einsteigen und Hochschulpolitik machen – die Defizite kannte ich ja aus der Praxis. Meine Fraktion hingegen fand, der jüngste Abgeordnete solle sich lieber mit Kindergärten beschäftigen... Der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder hatte das Themengebiet Kinder, Jugend und Familie damals gerade abfällig als „Gedöns“ betitelt. So hatte auch ich anfangs Zweifel. Das ging rasch vorbei. Vereinbarkeit von Familie und Beruf, frühkindliche Bildung, Integration – das sind Zukunftsaufgaben, die bis heute dringlich sind. Über neun Jahre war ich in der Kinder-, Jugend- und Familienpolitik parlamentarisch tätig.

In dieser Zeit begann auch mein Engagement als Botschafter für das Kinderhospiz Regenbogenland in Düsseldorf, das von engagierten Bürgern getragen wird. Ein warmer Zufluchtsort, der unheilbar erkrankten Kindern ein Zuhause und ihren Familien Trost beim Abschied bietet.

Zu meinem dreißigsten Geburtstag und nach fast zehn Jahren im Landtag war für mich 2009 klar: Ich möchte mithelfen, für Deutschland einen Politikwechsel zu erreichen. Also habe ich mich um ein Bundestagsmandat beworben – mit Erfolg.

Eigentlich wollte ich mich in der neuen Bundestagsfraktion im Bereich Wirtschafts- und Energiepolitik einbringen. Doch auf Vorschlag des FDP-Bundesvorsitzenden Guido Westerwelle wurde ich im Dezember 2009 Generalsekretär der Bundespartei. Neben der mir aus NRW  bekannten Aufgabe kam der Auftrag hinzu, für die Freien Demokraten die Erarbeitung eines neuen Grundsatzprogramms zu leiten.

Ab Dezember 2009 habe ich die Politik der FDP im Bund als Generalsekretär erklärt, verteidigt und mitgestaltet. Im Mai 2011 übernahm Philipp Rösler den Vorsitz von Guido Westerwelle. Wenige Monate später habe ich mein Amt zurückgegeben. Leichtfertig fällt man so eine Entscheidung nicht. Eigene Ansprüche und die Erwartungen Dritter passten damals schlicht und einfach nicht mehr zusammen. Als Bundestagsmitglied wollte ich mich dann wieder auf die Wirtschaftspolitik konzentrieren.

Doch es kam anders: Im März 2012 löste sich der Landtag von NRW auf, weil die FDP den Schuldenhaushalt der rot-grünen Minderheitsregierung nicht mittragen wollte. Auf Bitten vieler Parteifreunde habe ich dann die Spitzenkandidatur übernommen. Wir wollten mit unserer Kampagne ein neues Profil für die FDP zeigen. Bei der Wahl am 13. Mai 2012 erhielten wir 8,6 Prozent der Stimmen – das zweitbeste Wahlergebnis seit 1958. Die 22 Abgeordneten der neuen Fraktion wählten mich zu ihrem Vorsitzenden.

Im September 2013 kam es zu einer historischen Zäsur: die FDP schied aus dem Deutschen Bundestag aus. Am Tag nach der Niederlage habe ich meine Kandidatur für den Parteivorsitz erklärt: Es konnte nicht sein, dass die Kraft der Freiheit auf Dauer nicht im Parlament vertreten ist. Im Dezember wurde ich zum Bundesvorsitzenden gewählt. Gemeinsam haben wir die Niederlage aufgearbeitet und uns ein neues Leitbild gegeben. Wir haben allen Versuchungen widerstanden, Ansehen dem Aufsehen zu opfern – und so nach und nach wieder Erfolge erzielt. Am 24. September 2017 gelang uns dann der Wiedereinzug in den Deutschen Bundestag mit 10,7 Prozent. Ein historisches Ergebnis und ein tolles Signal über die FDP hinaus: nach einem Scheitern ist ein Neuanfang möglich.

Nach dem Erfolg bei der Bundestagswahl wollten wir Deutschland modernisieren und fit für das 21. Jahrhundert machen. Leider war das mit Union und den Grünen während der Jamaika-Verhandlungen nicht zu machen – es gab schlicht nicht genug Gemeinsamkeiten. Wir haben uns daher für den harten Weg entschieden. Wir wollten und wollen an dem gemessen werden, was wir vor der Wahl gesagt haben. Damit haben wir uns viele Gegner geschaffen, die uns gern als willigen Mitorganisator einer ausschließlich schwarz-grünen Politik in Deutschland gesehen hätte. Aber unser Ziel war und ist ein echter Politikwechsel. Wo der nicht zu machen ist, verzichten wir lieber auf Posten und Dienstwagen. In NRW, SH und RLP dagegen haben wir Verantwortung in Landesregierungen übernommen und zeigen, dass es einen Unterschied macht, ob wir an einer Regierung beteiligt sind oder nicht.

Seit September 2017 ist mit den Freien Demokraten wieder eine Stimme des Liberalismus im Deutschen Bundestag vertreten. Was auf unseren Wahlplakaten stand, ist auch bei uns als Fraktion Programm: Mit unserem Social Intranet sind wir nicht nur die digitalste Fraktion im Bundestag. Bei uns kann auch jeder schon heute so arbeiten, wie wir es gerne für ganz Deutschland erreichen möchten: flexibel, agil und mobil.  Unsere Abgeordneten arbeiten an der Gestaltung unserer Zukunft in sechs Arbeitskreisen: 1) Weltbeste Bildung für jeden, 2) Vorankommen durch eigene Leistung, 3) Selbstbestimmt in allen Lebenslagen, 4) Freiheit und Menschenrechte weltweit, 5) Politik, die rechnen kann und 6) Ein unkomplizierter Staat.

Am 8. Dezember 2021 wurde ich im Rahmen der ersten Ampel-Koalition auf Bundesebene zum Bundesminister der Finanzen ernannt. Ich trete mein Amt mit Demut und mit Hochachtung vor diesem Haus an. Auch in der Opposition habe ich großen Respekt vor der Professionalität und der Leistungsfähigkeit des Ministeriums und seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewonnen. Es ist mir eine Ehre, mit ihnen unserem Land zu dienen.

Viel Raum für Freizeit blieb nie und bleibt auch jetzt nicht. So ist das, wenn der Beruf auch Leidenschaft ist. Kostbar ist daher die Zeit mit meiner Familie und meinen Freunden – bei gutem Essen oder im gemeinsamen Urlaub. Ich treibe Sport, liebe Grillen und fachsimple gerne über alte Autos.